Ballwerfen bei Hunden

Sucht durch Wurfspiele bei Hunden

Führt das Werfen von Gegenstände zu einem Suchtverhalten?

Petra Krivy hat geantwortet

Da könnte man genauso gut fragen: "Führt das Essen von Schokolade immer zu Übergewicht?" Natürlich nicht. Die Menge, die Umstände, typgebundene Anlagen, Dispositionen und "Talente", die individuellen Gegebenheiten - all´ das zusammen (und mehr) sind Kriterien, die zählen und den Ausschlag geben. Sicherlich gibt es die Vierbeiner, die glücklich und beseelt mit ihrem Menschen solche Spiele spielen und keinerlei negative Folgen davontragen.

Doch gibt es durchaus auch die Hunde, deren Halter von vermeintlichem "Glück" ausgehen und die Alarmzeichen nicht sehen und/oder erkennen. Da passiert eine Menge im Gehirn des hinterherlaufenden Hundes und manch ausgelöstes Hormon zählt eben auch zu den Stoffen, die anderes als Glück begründen, z. B. eben auch Suchtverhalten.

Das heißt aber nicht, dass Mensch nun keinerlei Objektspiele mit dem Hund würde spielen dürfen, doch es sollte kontrolliert und mit bestimmten Regeln (z. B. mit nicht immer sofortigem Hinterherlaufen als Reaktion auf den Bewegungsreiz, sondern erst auf Freigabe durch den Menschen u. a.) erfolgen und der Hund sollte während und nach der Aktion einfach etwas beobachtet werden. Wer sich dies nicht zu bewerten zutraut, der kann sich einen Hundetrainer zur Seite nehmen und solch Szenario einfach einmal videografieren.

Irene Sommerfeld-Stur hat geantwortet

Das ist eine Frage, die zwar ein bisschen neben meinem Fachbereich liegt, aber die Genetikerin in mir (und langjährige Hundehalterin) muss natürlich trotzdem auch ihren Senf dazugeben.

Also: wenn man bedenkt, dass bei der Entstehung eines Junkies - ob Ball oder was auch immer - verschiedene genetisch codierte Neuropeptide sowie deren ebenfalls genetisch codiertes funktionelles Umfeld (Rezeptoren, Transportproteine, Enzyme) beteiligt sind, dann liegt es auf der Hand,  dass es in Bezug auf die Reaktivität auf verschiedene Reize durchaus große individuelle Unterschiede geben muss.  Und daraus folgert dann auch, dass nicht bei jedem Hund das Werfen eines Balles dazu führt, dass er sein Leben lang nichts anderes als Bälle zu jagen, im Kopf hat.

Genetische Unterschiede können da bei einerseits die Reaktivität überhaupt betreffen, also die Höhe der Reizschwelle, auf der anderen Seite auch das Ziel des Junkietums.  Es mag also Hunde geben, denen Bälle völlig egal sind, die aber eine hohe Appetenz auf Futter, oder Streicheln, oder Spazierengehen, oder Hasen jagen oder  den Lieblingsfeind in Nachbars Garten entwickeln.

Vielleicht könnte man die Frage auch noch ein bisschen einfacher beantworten: Wenn man die ungeheure Komplexität und Vielfalt der genetischen Grundlagen eines Hundes bedenkt und dazu die ungeheure Komplexität und Vielfalt der Umwelteinflüsse denen Hunde im Laufe ihres Lebens ausgesetzt sind, dann gibt es definitiv NICHTSdas bei Hunden IMMER zu ganz bestimmten Reaktionen führt.

Anita Balser hat geantwortet

Nein, sicherlich nicht IMMER. Man sollte aber bedenken, was beim Ballwerfen zwischen Mensch und Hund passiert, auch wenn es nicht zum Junkietum führt.

Sozial passiert zwischen Hund und Mensch beim Ballwerfen nämlich NICHTS. Das einzige, was man mit Ballwerfen bezweckt ist das der Hund kurzzeitig körperlich ausgelastet wird. Will man das, kann man Ballwerfen. Denkt man aber, dies sei ein gemeinsames SPIEL, welches der Beziehung förderlich ist irrt man sich. Was nicht heißt, Ball werfen sei generell schädlich, nur für die Beziehung bringt es eben nichts.

Hat man einen Hund, mit dem man Schwierigkeiten im Freilauf hat, weil er sich zu weit entfernt sollte man das Ball werfen erst mal ganz sein lassen. Warum? Weil dabei die größtmögliche Befriedigung (das Schnappen des Balls) am am weitesten entfernten Punkt von mir stattfindet. Hier ist das Ballwerfen also kontraproduktiv und wirkt meinen erzieherischen Maßnahmen entgegen.

Ich persönlich bevorzuge "freie soziale Spiele" ohne Hilfsmittel. "Frei" bedeutet, dass das Spiel keinen Sinn und Zweck hat, man spielt um des Spielens willen. "Sozial" bedeutet, dass der Mensch sich einbringt mit allem was er hat: Seinem Körper, seiner Stimme und seiner Mimik. Und "Spiel" definiere ich als Gespräch zwischen zwei Sozialpartnern.

Stimmt die Beziehung und ist frei von Einschränkungen und belastenden Schwierigkeiten spricht nichts dagegen mit dem Hund AUCH MAL Frisbee zu spielen und daran Freude zu haben!

Einfach nur nicht zu einseitig (und zu faul) sein in der Spielart, dann wird auch kein Hund zum Junkie!

Christel Löffler hat geantwortet

Nein! Wie bei so vielem ist es davon abhängig wie man etwas durchführt und mit welchem Typ. Tendenziell wird man bei einem Herdenschutzhund weniger Erfolg haben, als mit einem Terrier, der nur darauf wartet, abhängig gemacht zu werden. ;).

Das Spielen mit dem Ball kann man letztlich sogar dazu nutzen, die Impulskontrolle zu stärken. Man kann einen Hund sitzen lassen, den Ball werfen, weg gehen, den Hund zu sich rufen und erst dann schicken. Oder den Ball werfen und ein anderer Hund darf es holen. Oder man wirft den Ball, schleicht sich gemeinsam mit dem Hund an und übt das vorstehen und verharren am Ball. Letztlich ist ein Ball nur ein runder Gegenstand. Ob man seinen Hund damit abhängig macht, liegt daran, wie man damit umgeht.

Vanessa Engelstädter hat geantwortet

Die Frage ist, welche Form des Ballwerfens wird genutzt: als einzige „Auslastung“, die täglich stattfindet, ohne kommunikative Aspekte, kann ganz pauschal gesagt werden, dass sie immer ungesund ist. Ungesund für den Körper (die ständigen und heftigen Stop and Go Bewegungen gehen auf die Gelenke) und dem Organismus (sehr hochfahrend, wenig Selbstregulation) des Hundes, so wie für die Mensch-Hund Beziehung (der Mensch als Wurfautomat ). Dazu kommt  noch die Genetik, die Persönlichkeit und die bisher gemachte Erfahrung des Hundes. Bei einigen Hunden fällt das Ball spielen auf „fruchtbaren Boden“. Sie werden recht schnell Junkies mit allen negativen Themen, die zum Junkietum gehören.

Trotzdem gibt es eine gesunde Form des Ballspielens. Wenn die Kommunikation im Vordergrund steht, der Hund im Alltag auch noch über andere Tätigkeiten beschäftigt wird (das muss nichts Großes sein, ein längerer Spaziergang ohne Action ist auch auslastend) und er das Thema Ruhe, Runterfahren und „es passiert mal gar nichts“ kennt. Einfach den Hund anschauen: welches Verhalten zeigt er am Ball (währenddessen, davor und danach) und selbstreflektierend: wie spiele ich Ball?

Das schrieb Harry Meister

Nö, manchmal führt es auch zu einem Tennisarm, oder zu verhängnisvollen Kletterpartien, weil der Ball in den Bäumen landet.


„Ein Hund ist immer
das Spiegelbild seines Menschen.“

© Oliver Jobes, Erziehungs- und Verhaltensberater