Brustgeschirr oder Halsband

Brustgeschirr oder Halsband

Was tragen deine Hunde und warum tun sie dies?

Irene Sommerfeld-Stur meint

Meine Hunde tragen beim Spaziergang grundsätzlich ein Brustgeschirr. Da beide begeisterte und ambitionierte Jägerinnen sind und wir in einer sehr wildreichen Gegend leben, laufen sie die meiste Zeit an einer (sehr) langen Schleppleine.

Damit haben sie recht viel Freiraum, ich hab sie aber jederzeit unter Kontrolle und das Brustgeschirr ist m.E. einfach weniger problematisch wenn sie – was doch gelegentlich mal vorkommt – mit Speed in die Leine rennen oder sich im Gebüsch verheddern.

Das Brustgeschirr tragen sie ausschließlich zum Spazierengehen, beim Heimkommen wird es sofort ausgezogen.

Petra Krivy schreibt

Brustgeschirr oder Halsband: Was tragen deine Hunde und warum tun sie dies?

Da entbrennen ja schnell wahre Glaubenskriege bei dem Thema! Grundsätzlich bin ich ein Halsband-Fan, ABER: Für Welpen und junge Junghunde, aber auch für Senioren nutze ich sehr gern Geschirre.

Die Jungen können noch nicht gesittet an der Leine gehen, da geht vieles mit einem Geschirr einfacher. Für Leinenführigkeitstraining ist zusätzlich ein Halsband am Hund. Lernziel: Halsband = locker laufen, am Geschirr darf auch mal gezogen werden. Und Hunde können den Unterschied sehr wohl lernen! Für Übungen mit der Schleppleine oder mit einer längeren Arbeitsleine muss ein Geschirr getragen werden, diese Leinen sollen nicht ans Halsband gehen. Auch beim Trailen tragen Hunde Geschirre und gehen an langer Leine.

Bei Senioren schätze ich das Geschirr, weil ich dadurch einen "Griff" am Hund habe und die "graue Schnauze" damit z.B. beim Ein- und Aussteigen ins/aus dem Auto, beim Treppensteigen und in anderen Situationen unterstützen kann.

Im Haus tragen meine Hunde aber weder noch.

Maria Hense schreibt

Meine Hunde tragen beides. Zu 99,9 % der Zeit tragen sie jedoch Brustgeschirr. Sie sind beide als "Diensthunde" beim Resozialisieren von Patientenhunden im Einsatz, deswegen muss ihre Körpersprache besonders frei sein. Am Halsband sind die meisten Hunde häufiger in der Aufrichtung, tragen die Kopf etwas höher und angespannter, und damit gröber in der Kommunikation. Ich kann Leinenhilfen klar, aber softer und subtiler geben, wenn die Hunde am Geschirr sind. Sie reagieren feiner auf meine Signale.

Im Klientel stellen wir es den Haltern frei, ob sie Halsband oder Geschirr wählen. Wir empfehlen jedoch für Hunde bis 80 kg ein Geschirr (scherzhaft sagen wir: "über 80kg sind es Pferde, dann führen wir sie am Halfter"). Wir haben mehr Kontrolle über den Hund, wenn er im Geschirr ist, weil wir in den Rückensteg greifen, oder Halsband und Geschirr kombinieren können, wenn notwendig (Zweipunktführung).

Gerade Hunde mit Aggressionsproblemen, welche den Hauptteil unseres Klientels ausmachen, sind sicherer im Geschirr oder in der Kombi zu führen.

Bei Begegnungsproblemen - egal welcher Art - raten wir dringend zum Geschirr. Sicher 70% unseres Klientels kommt mit diesem Anliegen zu uns. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Fortschritte mit Geschirr stabiler und häufig schneller zu erreichen sind. Denn: Wenn Hunde am Halsband eskalieren, oder über das Halsband korrigiert werden, entstehen nicht nur orthopädische Nachteile, sondern über klassische Konditionierung sehr schnell und hartnäckig unschöne Effekte, die wir vermeiden wollen.

Trotzdem: Beide, Geschirr und Halsband, können funktionieren, wenn sie technisch sauber angewendet werden. Technik-Fehler der Halter sind aber weniger nachteilig, wenn der Hund Geschirr trägt. Halsband am Hund - das ist eher etwas für Fortgeschrittene.

Frank Wieborg meint

Im Alltag tragen unsere Hunde Halsbänder. Um ehrlich zu sein, sind mir Geschirre zu unhandlich. Unsere 5 Hunde können ohne großartig zu ziehen an der Leine laufen. Wenn ich alleine mit allen spazieren gehe, suche ich mir Orte, an denen sie frei laufen können. Es gibt jedoch immer wieder unübersichtliche Stellen oder es kommen uns Spaziergänger, Radfahrer, Trecker, Jäger, Hunde oder andere Tiere entgegen und ich möchte sie schnell wieder anleinen können.


Lediglich zur Arbeit, beim Zughundesport und beim Mantrailing, tragen sie Brustgeschirre.
Die 2 Zwerge laufen am liebsten nackt. Die kleine Wuki hat schon lange gebraucht um ihr Halsband zu akzeptieren. Trägt sie ein Brustgeschirr läuft sie nicht freiwillig, sondern nur wenn sie unbedingt muss.
Ich denke die pauschale Aussage die man häufig hört: „Brustgeschirre sind besser für die Gesundheit der Hunde… wegen der Halswirbelsäule und des Kehlkopfes… usw.“ kann man so nicht auf jedes Mensch-Hund-Team übertragen. Sicher gibt es Hunde, die heftig an der Leine ziehen und auf Dauer kann es so zu einer körperlichen Beeinträchtigung kommen.


Auch gibt es unverantwortliche Menschen, die wie bekloppt an der Leine herum zerren und rucken, so dass der ganze Hund durch die Luft fliegt.


Wenn der Hund jedoch nicht an der Leine zieht, warum sollte dann ein Geschirr besser für ihn sein? Gerade bei jungen Hunden sehe ich recht häufig Geschirre, die gar nicht passen oder am Körper herumrutschen. Manchmal beeinflussen sie den gesamten Bewegungsapparat und/oder reiben beim Laufen zwischen Bein und Brustkorb. Gerade im Wachstum kann das fatale Folgen haben.


Wenn der Hund aber ziehen soll, beim Zughundesport oder Mantrailing etc. ist es enorm wichtig, dass ein gut passendes Zuggeschirr verwendet wird, in dem der Hund sich uneingeschränkt großrahmig bewegen kann.
Als Fazit möchte ich sagen, dass das Wichtigste eine gute Erziehung ist. Wenn der Hund gelernt hat sich an seinem Menschen zu orientieren, er seine Grenzen kennt und akzeptiert, dann sind Halsband/Brustgeschirr und Leine nur noch Modeaccessoires oder Sportklamotten.

Vanessa Engelstädter hat geantwortet

Je nach Hund, Persönlichkeit und Vorgeschichte haben meine Hunde zeitweise alles getragen, vom Geschirr, über Halsband, über Halti. Mein Ziel ist bei all meinen Hunden: sehr gut abrufbar sein und ohne Leine, Halsband etc. laufen können. Der Weg dahin war unterschiedlich lang.  Bei den Welpen fange ich gerne mit einem Brustgeschirr an, bis das Thema Leinenführigkeit und –orientierung geklärt ist. Dann steigen wir meistens um auf Halsband und später auf eine Retrieverleine. Bei dem Zughundesport, den ich sehr mag, tragen meine Hunde dann ein für sie speziell angepasstes Zughundegeschirr.

In meiner Hundeschule erkläre ich die Leine als „Hilfsmittel“ und „Not-Anker“, der Mensch soll wirken und nicht allein die passende oder regulierende Halsung/ das Geschirr. Haben Hund und Mensch besonders viele oder große Baustellen, benutze ich auch gerne das Halti oder in vielen Fällen das NewTrix Halti. Ebenfalls nur zur Überbrückung. Wenn der Spaziergang nicht mehr „K(r)ampf“ bedeutet, wendet sich auch in der Mensch-Hund Beziehung einiges zum Positiven. Dafür ist mir dann jedes Hilfsmittel recht. Korrekt aufgebaut, gibt es viele Vorzüge, nicht korrekt aufgebaut oder auch missbraucht, kann jedes Hilfsmittel kontraproduktiv sein oder sogar Schaden zufügen. Das gilt auch für ein schlechtsitzendes Brustgeschirr, in dem der Hund hängt!

Ideologien mag ich nicht. Deswegen nehme ich oft das, womit sich auch der Kunde wohlfühlt und wir arbeiten damit. Sehe ich, dass der Hund unter der Halsung leidet (das habe ich ab und an mal bei den kurzschnäuzigen Rassen) , empfehle ich auch eine andere Halsung.

„Ein Hund ist immer
das Spiegelbild seines Menschen.“

© Oliver Jobes, Erziehungs- und Verhaltensberater